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„Ich interessiere mich einfach so sehr für Menschen"

Im Februar 2022 verstarb Margot Sinning, eine wichtige Wegbegleiterin der Stiftungen der Sparkasse Holstein. Wir sprachen im Herbst 2021 mit der Ahrensburgerin über ihr langjähriges sozialpolitisches Engagement in ihrem Kreis Stormarn und bei den Stiftungen der Sparkasse Holstein.

Foto: An ihrem letzten Tag im Fachausschuss der Sparkassen-Sozialstiftung Stormarn – Jörg Schumacher, Geschäftsführer der Stiftungen der Sparkasse Holstein überreicht Margot Sinning im Sommer 2020 Dankesblumen.

 

Durch Ihr politisches Engagement im Kreis Stormarn sind Sie seit vielen Jahren auch mit den Stiftungen der Sparkasse Holstein verbunden. Können Sie sich noch an Ihren ersten Kontakt mit den Stiftungen erinnern?

In meiner ersten Wahlperiode war ich stellvertretende Kreispräsidentin in Stormarn und wurde als solche auch in die Sparkassen-Kulturstiftung Stormarn berufen. Die anderen Stiftungen gab es damals noch gar nicht. Das war richtig spannend, denn in der Kulturstiftung waren starke Persönlichkeiten aktiv. Aber mit dem Ende meines Amtes als stellvertretende Kreispräsidentin endete zunächst auch meine Mitwirkung bei den Sparkassen-Stiftungen.

Warum wollten Sie nicht länger stellvertretende Kreispräsidentin sein?

Sie ahnen ja nicht, wie langweilig das Amt einer stellvertretenden Kreispräsidentin ist, wenn der amtierende Kreispräsident so aktiv ist, wie zu meiner Zeit Hubert Primel (lacht). Wir beide verstehen uns bis heute sehr gut und laden uns sogar zu unseren Geburtstagen ein. Aber in dieser Zeit blieb für mich nur wenig Arbeit übrig. Als Frau der Tat suchte ich deshalb nach einem neuen Betätigungsfeld. Ich war schon länger im Sozial- und Gesundheitsausschuss tätig gewesen, damals hieß der aber noch Personal- und Sozialausschuss. 1994 übernahm ich dort mit großer Freude die Leitung. Nach der Fusion der beiden Sparkassen Ostholstein und Stormarn zur Sparkasse Holstein wurde ich dann in den Fachausschuss der neuen Sparkassen-Sozialstiftung Stormarn berufen.

Wie sind Sie überhaupt zu den sozialen Themen gekommen?

Ich bin eigentlich gelernte Erzieherin. Nach der Geburt meiner Kinder war ich länger zu Hause. Irgendwann packte mich aber die Lust, wieder zu arbeiten. Da begann ich stundenweise in dem ehemaligen Kreisaltenheim in Ahrensburg als Stationshilfe zu jobben und merkte, dass es mir großen Spaß macht mit alten Menschen umzugehen. Nach meiner Scheidung und mit dem Wissen, dass ich nun selbst meinen Lebensunterhalt verdienen muss, entschied ich mich schließlich für eine Berufsumschulung zur Altenpflegerin. Ich fand das sehr interessant! Ich habe dann in der Sozialstation in Ahrensburg angeheuert – 14 Jahre war ich dort Einsatzleiterin. Später wurde ich Gutachterin beim Medizinischen Dienst.

Im Fachausschuss der Sparkassen-Sozialstiftung konnten Sie deshalb viele verschiedene Facetten des Bereichs beleuchten. Welchen Aufgaben widmet sich ein Fachausschuss denn genau?

Weil er so klein ist, ist der Fachausschuss der Sparkassen-Sozialstiftung Stormarn akut handlungsfähig. Nach der Gründung haben wir zunächst über die Frage diskutiert, wer denn überhaupt von der Stiftung profitieren soll. Am Anfang kamen nämlich zum Beispiel auch Anfragen für Zuschüsse zu Delphin-Therapien in den USA. Wir haben uns dann entschieden, dass wir keine Privatpersonen, sondern ausschließlich Institutionen unterstützen wollen, die mit ihrer Arbeit der Allgemeinheit dienen. Da die finanzielle Situation der Kreise und Kommunen nicht so rosig war, konnten wir mit der Stiftung viele Ideen und Projekte als Anschubfinanzierung ausprobieren und so später bewirken, dass diese in den Haushalt übernommen wurden. Es konnten aber auch schöne Projekte auf die Beine gestellt werden, die mit öffentlichen Geldern nicht realisierbar gewesen wären. Der soziale Bereich in Stormarn hatte dadurch schnell ein richtig gutes Image.

Gibt es ein Projekt, auf das Sie bis heute stolz sind?

Ja, ein Projekt, das bis heute läuft – allerdings mittlerweile auf Kreisebene – ist die Kostenübernahme für ärztlich verordnete Verhütungsmittel von Hartz 4 Empfängerinnen. In den Anfängen von Hartz 4 kamen die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen auf mich zu und berichteten, dass sie eine ungeheure Zunahme von ungewollten Schwangerschaften erlebten, weil den Frauen das Geld für die Verhütung fehlte. Ich erkannte die Dringlichkeit des Anliegens, versprach mir aber keine große Chance auf eine Mehrheit auf kreispolitischer Ebene. So holte ich die Beraterinnen aus den Konfliktberatungsstellen in den Ausschuss der Sparkassen-Sozialstiftung Stormarn. Dort berichteten sie sehr plastisch, welches Leid diese ungewollten Schwangerschaften nach sich zogen. So konnten wir das erste Pilotprojekt auf den Weg bringen und eine wertvolle politische Debatte anstoßen. Heute gibt es neben Stormarn viele Kreise und sogar Bundesländer, die die Kosten von ärztlich verordneten Verhütungsmitteln für ALGII-Empfängerinnen erstatten. Auf diesen Erfolg bin ich bis heute stolz.

Sie waren 30 Jahre lang in Stormarns Kommunalpolitik aktiv. Was mögen Sie so an dem Kreis?

Stormarn ist so vielfältig. Erstmal ist es natürlich wahnsinnig gut gelegen, zwischen Lübeck und Hamburg. Mein Mann und ich gehen leidenschaftlich gerne in Hamburg ins Theater oder in die Arena, wenn die großen Stars noch einmal auftreten.

Aha?

Oh ja, ich habe sogar das letzte Konzert von Tina Turner erlebt. Das war klasse!

Wow! Aber zurück zu Stormarn …

An Stormarn liebe ich die vielen Dorfgasthöfe. Ganz toll ist auch „Stormarn kocht auf“, wo beteiligte Gastronomiebetriebe über die Sommerzeit wunderbare Gerichte anbieten – wegen Corona fällt das dieses Jahr leider aus. Ich bin auch Mitglied im Förderverein Jersbeker Park. Es gibt so viele schöne Ecken: Hahnheide – leider kann ich jetzt nicht mehr so gut laufen – aber auch Großensee und Lütjensee. Von den Stiftungen habe ich zum Abschied übrigens einen Gutschein für die „Fischerklause“ in Lütjensee bekommen. Das ist ein Lokal, das der „Feinschmecker“ regelmäßig unter die 500 besten Lokale in Deutschland wählt!

Man kann aus Ihren Schilderungen Ihre Leidenschaft für die gute Küche heraushören!

(lacht) Ja, mein Mann und ich lieben es, tolle Restaurants auszuprobieren und bringen uns regelmäßig von unseren kulinarischen Reisen besondere Leckereien und Ingredienzien mit. Früher haben wir auch gerne unsere Freunde bekocht. Essen ist eben auch ein sozialer Genuss.

Wir sitzen gerade in Ihrem Garten. Viele der hier blühenden Blumen habe ich noch nie gesehen!

Meine zweite Leidenschaft ist das Gärtnern. Ich bin sogar in mehreren Vereinen und Kreisen, um seltene Pflanzen zu tauschen. Das hinter Ihnen sind alles verschiedene Dahlien-Sorten, aber ich habe auch noch weitaus exotischere Pflanzen. Ich führe sogar Garten-Tagebücher. Da schreibe ich dann rein, wie das Wetter war, welche Pflanzen ich eingekauft habe und wann mein Mann die Kurze-Hosen-Saison eröffnet hat. Und jedes neue Buch fange ich mit einem Leitspruch an. In einem der Bücher steht ein Zitat von Vita Sackville-West, einer bekannten Gartengestalterin: „Manchmal sitze ich und denke, und manchmal sitze ich bloß.“

Da höre ich eine buddhistische Einstellung heraus?

Ja, das lernt man vom Gärtnern. Im Garten gibt es eigentlich immer etwas zu tun. Ich gucke deshalb kaum Fernsehen. Meine Entspannung besteht darin, mich mit einem Glas Wein durch den Garten zu schleppen.

Nach so vielen Jahren in der Politik kennt man Sie hier Stormarn. Nervt es Sie manchmal, dass Sie überall angesprochen werden?

Nie! Ich interessiere mich einfach so sehr für Menschen!

Das spürt man. Vielen Dank für das Gespräch!