Theresa Moeller 2

Interview mit Theresa Möller

Das Ausstellungsprojekt "Somewhere" der Künstlerin Theresa Möller in der Galerie in der Wassermühle Trittau wird mit einem Interview abgerundet.

Der Themenkomplex Natur steht im Zentrum Deiner aktuellen Arbeiten. Dein Lebensraum liegt aktuell in Hamburg, Leipzig und Montreal. Welche Natur-Erfahrungen spielen als Inspiration für Deine künstlerische Arbeit eine besondere Rolle? 

Meine Arbeit und meine Auseinandersetzung mit Natur sind von alltäglichen Wahrnehmungen und Erfahrungen geprägt. Mein täglicher Arbeitsweg in das Atelier in der Spinnerei Leipzig führte durch den Leipziger Auwald, derzeit bewege ich mich oft in den wildnishaften Waldlandschaften Quebecs. Gleichzeitig sind denke ich auch Erinnerungen meiner Kindheit prägend, als ich draußen in den Wäldern am Hamburger Stadtrand gespielt habe, sie erkundet und mich in ihnen versteckt habe.

Der Wald ist für mich künstlerisch besonders reizvoll, da ich hier Anregungen und Strukturen finde, die ich in meiner Bildsprache verarbeiten kann. Diversität, Wiederholung und Formenreichtum. Kraft, Destruktivität und Zartheit. Unordnung und Struktur. In der Natur und vor allem auch ihm Wald bin ich erfasst von den visuellen Eindrücken, von der Pracht der Farben, Formen und der reichen Fülle wunderschöner Details in der Natur. Gleichzeitig bin ich getroffen von der Verletzlichkeit unserer Umwelt und Lebenswelt.

Es reizt mich, mich auf unterschiedliche Landschaftsräume und die Wirkung von Boden, Flora, Licht und Klima einzulassen. Das Leben und Arbeiten in Montreal gibt mir die Möglichkeit, mich in meiner Arbeit auf ganz neue Eindrücke, Situationen und Erfahrungen zu beziehen. Es ist spannend für mich, meine gewohnte Umgebung zu verlassen und mich mit neuen architektonischen, sozialen, kulturellen und politischen Landschaften auseinanderzusetzen.

 

Kannst Du uns einen kleinen virtuellen Einblick in Deine Arbeit im Atelier geben: Wie entstehen Deine fantastischen Naturlandschaften?

Im Atelier arbeite ich meist frei und ohne Vorlagen. Meine Bilder entstehen eher im Rückzug von allem, was drumherum passiert, die konkrete Verortung ist dann weniger entscheidend. Obwohl meine Bilder an bekannte Landschaftsmotive anknüpfen, ist es mir wichtig, die figurativen Bezüge nicht zu vereindeutigen und Teile meiner Bilder unpräzise zu lassen.

Ich arbeite meist auf großformatigen Leinwänden mit einer hellen, leuchtenden Farbpalette. Eine intensive erste Farbschicht aus Acrylfarbe wirkt wie eine Reibungsfläche, auf die ich im weiteren Malprozess reagieren muss. Die mit Wasser verdünnte Acrylfarbe wird eher unkontrolliert aufgetragen und es entstehen Verläufe, Konturen und Formen, die teilweise zufällig und ungewollt sind. Mit Ölfarbe stelle ich anschließend Bestimmtheit, Materialität und physische Präsenz im Bild her - ich hebe bestimmte Elemente hervor, konkretisiere Figurationen und schaffe Kontraste, dabei benutze ich auch Klebeband und Schablonen.

Am Ende bin ich bei der Arbeit sehr konzentriert auf ein Bild und fokussiere mich auf meine Bildsprache, dann bin ich ganz bei mir. Ich möchte ein bisschen auch auf eine Unbegreifbarkeit hinaus, in der ich mich verliere und ziellos schaue, in der man auch an kleinen Details hängen bleiben kann oder berührt wird von der Wirkung bestimmter Formen, der Kraft wechselnder Kontraste oder dem Zusammenspiel von sich überlagernden Farben. Ich möchte nicht so sehr das in der Natur Vorgefundene darstellen, als mich auf das Uneindeutige und die unbestimmten Situationen konzentrieren. Für mich ist das Malen von Natur nicht mein letztliches Ziel, sondern das Malen und die Arbeit mit den Farben und Formen an sich.

 

Setzt hier auch der Ausstellungstitel Somewhere an, der mit Erwartungen an Bestimmtheit und Verortung spielt?

Ja, es geht mir in meiner Malerei nicht um die Darstellung oder Verarbeitung bestimmter Szenerien oder eine konkrete Verortung, sondern eher um die Ästhetik und Eigenlogik der Strukturen, Formen und Farben. Ich werde manchmal gefragt, was meine Bilder abbilden, ob sie zu einem bestimmten Ort führen. Ich denke, die Betrachtenden fühlen sich vielleicht an bestimmte Landschaften erinnert und beziehen die Bilder auf ihre eigenen Erfahrungen. Meine Bilder nehmen meine Wahrnehmungen in unterschiedlichen landschaftlichen Räumen auf, ich kann sie aber nicht einzelnen Orten, z.B. in Quebec oder Norddeutschland, zuordnen, darauf spielt der Ausstellungstitel der Ausstellung an.

 

Was hat Dich künstlerisch am Jahresthema Figur + Form der Stiftungen der Sparkasse Holstein besonders gereizt?

In meiner Malerei interessiert mich das Zusammenspiel von unbestimmten, eher abstrakten Formen und figürlichen, konkretisierten Strukturen. Ich nehme die Formen von Naturlandschaften in meinen Bildern auf, beginne aber meist nicht bei bestimmten Motiven, sondern entwickle die figürlichen Elemente aus der zufälligen, offenen Bildanlage. Die Bilder entstehen aus einem abstrakten Bild und werden dann stellenweise expliziter und ich komponiere neue Formen hinzu, sodass im Verlauf der Arbeit die Bilder mehr und mehr an meine Vorstellungen von Natur herangeführt werden. Beim Malen ist jedoch immer erstmal offen, wie und ob eine gemalte Form wie beispielsweise ein Farbtupfer oder eine unspezifische Fläche überhaupt zu einem Blatt, also die Form eine Figur wird, oder unbestimmt bleibt.

Es entsteht eine Mischung aus diesen konkretisierten Elementen und offenen, aus einer Lasur zu Beginn angelegten, abstrakteren Stellen, die ich bewusst als wichtigen Teil im Bild stehen lasse. Bestimmte Konstellationen und Konturen können Assoziationen hervorrufen und der Betrachter kann einige bekannte Figuren erkennen.  Ich bin dann zufrieden, wenn es in meinen Bildern nicht nur das eine oder das andere gibt, sondern Ambivalenzen und Uneindeutigkeiten bleiben.

 

(Die Ausstellung "Somewhere" war vom 21.1. bis zum 12.3. in der Galerie in der Wassermühle zu sehen. Das Interview ersetzt das Künstlerinnengespräch, das aufgrund des Arbeitsaufenthaltes von Theresa Möller in Montreal, Kanada, nicht wie gewohnt statt finden konnte.)